100 km Saale Horizontale

Die 100-Kilometer-Veranstaltung ist laut Veranstalter kein Lauf, sondern eine Langstreckenwanderung. Bei der Wertung geht es nicht vorrangig um die Zeit, sondern um das Wandern von möglichst vielen Kilometern sowie den Genuss an der Bewegung in der Natur. Dem angemessen sind die Verpflegungsstellen zeitlich auf eine Wandergeschwindigkeit von 4 bis 7 km/h ausgelegt. Manche Wege sind sehr schmal, was an manchen Stellen etwas Trittsicherheit voraussetzt. Nachts geht man meist in unbeleuchtetem Gelände. Eine gute Stirnlampe ist ein absolutes Muss. Nichts desto trotz, die Veranstaltung ist perfekt organisiert und ausgeschildert. Man muss nicht unnötig viel Verpflegung und Getränke zusätzlich mitnehmen. Der Start erfolgt Freitag 18:00 Uhr. Nach 26 Stunden ist Zielschluss und für die meisten Wanderer, die es bis zum Ziel schaffen auch machbar. Jährlich wechselt die Laufrichtung, einmal mit und einmal gegen den Uhrzeigersinn.


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Die Spannung steigt vor dem langersehnten Start. Dazu kommt noch eine gehörige Portion Nervosität. Es ist bereits die 29. Auflage dieser Ultra-Langstreckenwanderung. Für mich ist es heute Premiere. Ich bin für die Strecke konditionell gut gewappnet. Der feste Wille, die 100 km und rund 2.300 Höhenmeter durchzuhalten ist natürlich vorhanden. Ein Zeitlimit habe ich mir nicht gesetzt. Durchkommen heißt die Devise.

Punkt 18:00 Uhr fällt der Startschuss. In flotten Schritten geht es über das USV-Sportgelände entlang der Wöllnitzer Straße. Ich bin relativ weit vorn im Starterfeld und überhole dennoch einige Wanderer. Das Wanderfeld zieht sich sehr schnell auseinander. Ich schließe mich einer kleinen Gruppe an, die etwa in meinem Tempo unterwegs ist. Viele Wanderer sind bereits mehrfach hier unterwegs gewesen und kennen die Strecke. Wir biegen am Fürstenbrunnen rechts ab auf schmale Waldwege. Die original 100 km Horizontalstrecke ist durchgehend mit weiß-rot-weißen Wegweisern markiert. Ich laufe weiter über die Lobdeburg entlang der mittleren Johannisberghorizontale und dem Klugischen Oberweg mit herrlichen Ausblicken in Richtung Lobeda und Leuchtenburg. Die Abendsonne gibt ein schönes Licht auf die Umgebung. Ich bin zeitweise allein unterwegs. Bei 1.000 Startern hatte ich mir den Ablauf doch etwas gedrängter vorgestellt. In Zöllnitz gibt es die erste Verpflegungsstelle bei Kilometer 23. Es ist 21:15 Uhr als ich hier eintreffe. Nach der Stärkung geht es weiter zur 2. Etappe. Die wird sicherlich nicht so flott und einfach verlaufen wie die ersten 23 Kilometer.

Ich komme mit zwei Wanderern aus Dresden und Erfurt nett ins Gespräch und merke dabei nicht, dass wir auf dem falschen Weg sind. Unser Weg endet plötzlich am Flusslauf der Roda. Jetzt heißt es umkehren und zurück nach Zöllnitz. Es ist ärgerlich, aber nicht zu ändern. Es waren etwa zwei Kilometer Umweg. Man muss eben gerade in der Dämmerung bzw. Dunkelheit besonders wachsam sein. Bald ist der nächste markante Punkt, die Rabenschüssel erreicht. Bei Tageslicht hat man hier sicherlich einen schönen Ausblick auf das Saaletal und das Dorf Maua. Der Abstieg hat es in sich. In steilen Serpentinen führt der Weg bergab. Ohne gut funktionierender Stirnlampe geht hier nichts. Trotzdem ist es extrem schwierig hier in Balance zu bleiben und nicht zu stürzen. Jeder Schritt muss überlegt sein. Ich bin heil froh, als ich in Maua wieder die Straße unter den Füßen habe. Es ist 23:00 Uhr. Wir passieren die Saalebrücke, laufen durch den Ort und weiter bergauf durch Wald und Felder und dann hinab nach Leutra. Der Weg ist hier deutlich angenehmer.

Gegen Mitternacht bewegt sich die lange Stirnlampenkette hinauf ins Leutratal immer entlang der Autobahn A4. Meine Stirnlampe hat mittlerweile den Geist aufgegeben. Trotz neuer Batterien funktioniert sie nicht mehr. Ich gehe daher mit einer Gruppe. Die Kommunikation geht in nächtlicher Stunde fast gegen Null. Jeder hat offenbar mit sich zu tun. Laut Karte laufen wir vorbei an der Mühle Bucha, dem Fuchsbau und dem Vorwerk Cospoth. Gegen 2:15 Uhr erreiche ich Ammerbach bei Kilometer 46,4. Das hohe Tempo der ersten Etappe ist längst verflogen. Ich bin aber noch gut drauf.

Nach meinem Start zur dritten Etappe finde ich Anschluss bei einem Wanderer aus Bayern. Er leuchtet mir freundlicherweise den Weg. Wir gehen gemeinsam bergauf in Richtung Schottplatz. Immer mehr Wanderer gesellen sich zu uns. Es ist daher richtig hell. Am Schottplatz sind wir aber auf der falschen Spur. Der Weg führt ins hohe feuchte Gras. Da kann etwas nicht stimmen. Wir gehen gefühlte 500 Meter wieder zurück und treffen dort auf andere Gruppen. Das nächste große Ziel ist die Papiermühle im Mühltal. Selbst auf dem großen breiten Weg gibt es nochmals einen „Verlaufer“, bei dem 20-30 Wanderer betroffen sind. Im Dunkeln sieht eben alles anders aus. Ich vernehme beim Abstieg ins Mühltal erstmals brennende Schmerzen am Fußballen. Es wird sich wohl eine Blase bilden, denke ich mir.

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